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Nichtzulassungsbeschwerde

Autor:
 Normen 

§ 544 ZPO

§ 543 Abs. 2 ZPO

§ 72a Abs. 3 ArbGG

 Information 

1. Allgemein

Die Parteien eines zivilrechtlichen Rechtsstreits können gegen das Berufungsurteil nur dann Revision einlegen, wenn

  • die Revision in dem Urteil ausdrücklich zugelassen wurde

    oder

  • die Revision nach einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen wurde.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist in § 544 ZPO geregelt, für den Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit in § 72a ArbGG.

2. Zulassungsgründe Zivilrecht allgemein

Die Revision ist gemäß § 543 ZPO zuzulassen, wenn

  1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder

  2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

3. Zulassungsgründe Arbeitsrecht

Im arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit ist gemäß § 72 ArbGG die Revision zuzulassen, wenn

  1. eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,

    oder

  2. das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht

    oder

  3. ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der ZPO oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

    Das BAG führt zu den Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde aus:

    »Greift ein Nichtzulassungsbeschwerdeführer die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht mit der Begründung an, es liege eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (§ 72a Abs. 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) geht es im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren darum, festzustellen, ob solche Fragen tatsächlich vorliegen. Damit soll sichergestellt werden, dass das Revisionsgericht bezogen auf einen bestimmten Fall seiner Aufgabe gerecht werden kann, Rechtsfragen zu entscheiden, die für die Allgemeinheit von Bedeutung sind. Das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht dient hingegen nicht dazu, es zu ermöglichen, materielle Rechtsanwendungsfehler zu beseitigen (BAG 12.12.2006 - 3 AZN 625/06 - Rn. 26). Daher verlangen Gesetz und Rechtsprechung eine genau auf Zulassungsgründe konzentrierte Nichtzulassungsbeschwerdebegründung« (BAG 07.08.2019 – 3 AZN 720/19).

    Zur Anforderung an die Verletzung des rechtlichen Gehörs führt das BAG aus (BAG 24.02.2021 - 4 AZN 897/20):

    »Das Gebot des rechtlichen Gehörs (…) ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. (…) Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war.«

4. Anwaltszwang

Die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde kann nur durch einen Rechtsanwalt erfolgen.

Der Vertretungszwang durch einen Rechtsanwalt (Anwaltsprozess)) gilt auch für die Einlegung und Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde im Beschlussverfahren (BAG 18.08.2015 – 7 ABN 32/15).

5. Beschwerdewert

§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sieht vor, dass die Nichtzulassungsbeschwerde – vorbehaltlich des § 544 Abs. 2 Nr. 2 ZPO – nur zulässig ist, wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000,00 EUR übersteigt.

Von der Wertgrenze ausgenommen bleiben Nichtzulassungsbeschwerden gegen Urteile, mit denen die Berufung als unzulässig verworfen wird. Hintergrund hierfür ist die Vereinheitlichung der Rechtsmittelmöglichkeiten bei verwerfenden Entscheidungen des Berufungsgerichts, gegen die gemäß § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO wertunabhängig die Rechtsbeschwerde stattfindet, wenn sie nach § 522 Abs. 1 S. 2, 3 ZPO als Beschluss ergangen sind. Der Rechtsschutz gegen Verwerfungsentscheidungen des Berufungsgerichts soll unabhängig davon gewährleistet sein, ob sie als Urteil oder als Beschluss ergehen

 Siehe auch 

Anwaltsprozess

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Bundesarbeitsgericht

Bundesfinanzhof

Bundesverwaltungsgericht

Finanzgericht

Rechtsanwaltsvergütung - Einigungsgebühr

Rechtsanwaltsvergütung - Gerichtliche Tätigkeit

Berufung - Zivilprozess

Beschluss

Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess

Rechtskraft

Revision - Zivilprozess

Grundsatz des rechtlichen Gehörs

Beckerle: Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung; Der Betrieb – DB 2020, 64

Heidner: Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde. Hinweise zur Fehlervermeidung; Umsatzsteuer direkt digital 2022, 14